Chronik

Die Gebirgsschützenkompanie „Oberer Wasen” Raubling kann auf eine über 580 Jahre alte, ruhmreiche Geschichte bis ins ausgehende Mittelalter zurückblicken. Der Name „Gebirgsschütze“ taucht erst gegen 1705 auf. Zuvor und teilweise auch danach hießen diese Gruppierungen, meist aus Bauern und Knechten bestehend, Landfahnen, Landwehr, Soldats citoiens (Bürgersoldaten bzw. Nationalgarde zur napoleonischen Zeit)

13. / 14. Jahrhundert

1270-1330 wurde der Bezirk der späteren Herrschaft Valkenstein dem Landgericht Aybling eingegliedert. Grenze war das Gericht Aurburg

1320/1330 nennt das dritte bayrische Ur­bar ein „iudicium apud Wasin“ (Gerichtsbezirk am Wasen).  Dies ist als Vorgänger des Schergen­amtes Kirchdorf am Wasen zu sehen. Dieses um­fasste die Hauptmannschaften Taraschach (Taigscheid), Rewschnhard (Rei­schenhart), Kirchdorf am Wasen, Rawbling (Raubling), Pfraun­dorf, Aysing (Aising), Häping (Happing), Westerndorf und Hochenoffenn (Hohenofen).

15. / 16. Jahrhundert

1435 wurden im Aiblinger Landgericht die Männer gemustert. Unter der Überschrift „Wasner ambt“ wurde darüber eine Liste (Urkunde) der nicht tauglichen Männer aus Rewschnhard (Reischenhart), Kirchdorf, Rawbling (Raubling), Pfraundorf und Hochenoffenn (Hohenofen) sowie anderer Nachbargemeinden aufgefunden. Die Liste der „Taugentlichen“ ist nicht erhalten.

„Die Zum Auszug In Aiblinger Gericht nit Taugentlichen und dennoch mit Nam auf gschriben Sind als Hernach voign
” (BayHStA Kurbayern Äußeres Archiv 3905, fol. 156, K.B.)

Wasner Ambt - Liste der "nit Taugentlichen"
Liste der nicht-tauglichen

1445 Das Steuerbuch von der „Pfleg von Rosenhaim” erwähnt zum ersten Mal die Bezeichnung „Hauptmann” und „Hauptmannschaft”. Die bürgerliche Gesellschaft beginnt fest umrissene Einheiten zu bilden, wie wir sie heute als Gemeinde und Bürgermeister kennen.

1512/1513 Die Musterungsbücher dieser Jahre („Mussterung Puch Aybling – Wasner Ambt“) beinhalten zum ersten Mal die namentliche Nennung der 5 Hauptmannschaften: Reuschenhart (Reischenhart), Kirchdorf, Rawbling (Raubling), Pfraundorf und Taraschach (Teigscheid) sowie der darin ausgewählten Gebirgsschützen. Es wurden für die Hauptmannschaften gemustert (Bay HStA, Kurbayern, Äußeres Archiv 3911):

  • Haubtmanschaft Reuschenhart: 3+8+12 Mann
  • Haubtmanschaft Kirchdorf: 3+8+11 Mann
  • Haubtmanschaft Rawbling: 3+7+6 Mann
  • Haubtmanschaft Pfraundorf: 3+10+10 Mann
  • Haubtmanschaft Im Taraschach: 1+7 Mann

1522 gilt dies auch für die Hofmark Groß- und Klainholzhausen (Kleinholzhausen), die damals als eigenständige Hauptmannschaft zur Herrschaft der „Hofers zum Valkenstein“ und wie diese hinsichtlich der Wehrpflicht zum Landgericht Aibling gehörte. Neben den Musterungs- und Mannschaftsbüchern sind auch Aufgebote und Einsätze als Nachweise erhalten („Valkenstain Musster Zedl“, Bay HStA, Kurbayern, Äußeres Archiv 3916).
Vorhanden ist ebenso eine Urkunde „Fürgenommene Musterung des Lanndt Gerichts Aybling de Anno 1542 durch Bernhardten Höhenkircher – Pfleger zu Aybling“, sowie im selben Jahre: „Der Hofmarch Holtzhawsn auß erwellt Kriegs Knecht auf den zechentn Man wider den Cristlichen Erbveindt den Türgkhn“.

17. Jahrhundert

1600 Herzog Maximilian I. setzt seine schon seit 1595 betriebenen Pläne zur Erneuerung der Landesdefension mit einer allgemeinen Landmusterung konsequent um.

1618-1648 Die Gebirgsschützen in den Rosenheimer Landfahnen müssen sich wiederholt im Bayerischen Erbfolgekrieg sowie im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) in den Orten von Aibling und Rosenheim bis nach Kiefersfelden, im Tegernseer Raum, an der Loisachlinie vom Kochelsee bis Beuerberg, und im Isarwinkel bewähren. Schwedische Truppen dringen weit ins Oberland vor und besetzen 1648 Rosenheim. Klöster werden geplündert, Dörfer und Märkte gebrandschatzt. Nach anfänglichen  Rückschlägen gelingt es den gemeinsamen Aufgeboten der Gebirgsschützen des Oberlands, die feindlichen Truppen zu vertreiben und im Westen entlang der Loisach und der Isar eine Verteidigungslinie aufzubauen.

18. Jahrhundert

1702 wurde das Wasener Amt ein Teil des „Rosenheimer Landfahnens“. Hierbei wurden die fähigsten und geschicktesten „Landfähnler“ ausgewählt, exerziert und in das 2. Regiment Oberbayern, also in das reguläre Heer eingereiht („Repartition für die Obristenleutenandts Compagl. des zweyten oder andren Regiments Oberlandt Bayrn gezogen aus dem Rosenheimbl Landtfahnen„. In der Auflistung vom 01. Dezember 1702 sind 179 „Gemaine Mann“ aus dem Wasner Ambt aufgeführt, die zur Sicherung des Innstromes auf beiden Flussufern (Windshausen und Fischbach) eingesetzt waren. Sie dienten somit nicht dem Angriff auf Tirol, sondern der Sicherung der Heimat.

1703-1704 Die Mannschaften aus den Landgerichten Aurburg, Marquartstein, Reichenhall, Tölz und Traunstein, der Grafschaft Werdenfels, aus den Klosterlanden von Benediktbeuern und Tegernsee, sowie aus den Herrschaften Hohenwaldeck und Hohenaschau bewähren sich im Abwehrkampf gegen Angriffe aus Tirol als Schützer der engeren Heimat im Gebirge.

1704 In der Schlacht bei Höchstädt (13. August 1704) schlugen die englischen und österreichischen Truppen das bayerisch-französische Heer vernichtend. Bayern wird unter kaiserlich-österreichische Administration gestellt. Die bayerische Bevölkerung muß furchtbar leiden unter einer rigorosen wirtschaftlichen Ausbeutung, der Einquartierung von rücksichtslosen Besatzungssoldaten und Zwangsaushebungen von Rekruten für das österreichisch-kaiserliche Militär. Am 29. Oktober 1704 wurde das Rosenheimer Landfahnen als kaiserlicher (österreichisch) neu organisiert. Diese brutalen, unmenschlichen und oft viehischen Zwangsrekrutierungen der kaiserlichen Administration waren dann mit der Anlass zu den Bauernaufständen (Bayerische Volkserhebung).

Das Motto lautete:

Lieber bairisch sterbn. Als wie kaiserlich verderbn!

1705 Nachweislich waren Männer aus dem Gemeindegebiet Raubling Opfer der Sendlinger Mordweihnacht. Aus einem Schreiben des „Jakob Wörschi, Bürger und Bader in Aybling“ geht hervor, dass er 3 Männer aus Holzhausen und Pfraundorf behandelt und gepflegt hat, die sich mit ihren Verwundungen bis zu ihm geschleppt haben. Diese Männer wurden namentlich aufgeführt, ihre Verletzung bzw. Verwundung angesprochen, sowie die vom Bader durchgeführte Behandlung aufgezählt. In einer anderen Urkunde werden 2 Männer aus Reischenhart und Pfraundorf namentlich genannt, die von den Kaiserlichen gefangen genommen wurden. Diese waren Schober Vitus, 25 Jahre, Bauer und Schiffknecht aus Reischenhart und Aschenlehner Christoph, ca. 40 Jahre, Schiffsmann zu Pfraundorf. Somit ist bezeugt, dass von dem Gebiet des Wasner Amts damals mehrere beim Aufstand dabei waren. Ob aus dem Wasner Amt Tote zu beklagen waren, bleibt offen.

1741-1745 Weitere Bewährungen im österreichischen Erbfolgekrieg (1741 – 1745) und in den Napoleonischen Kriegen (1805 – 1813).

19. Jahrhundert

1805 wurde die „Organisation eines Corps baierischer Gebirgsschützen“ zum Schutz der bayerischen Südgrenze durch Kurfürst Maximilian IV. aufgebaut.

1809 Aus einer Urkunde vom 08. Juni 1809 geht hervor, dass die Südgrenze gegen Tirol gesichert werden musste. Bei der Abwehr der Tiroler Aufständischen unter Andreas Hofer ist zwar keine namentliche Nennung der Männer aus dem „Wasner Ambt“ vorhanden, jedoch ist auch hier sicher anzunehmen, dass Männer aus unserer Gemeinde an dieser Aufgabe teilgenommen haben. Ein Gebirgsschützenkorps unter dem Oberbefehl von Maximilian Graf Arco kann die Grenzübergriffe gegen die Zivilbevölkerung beenden.

1819 Aufgrund der Gemeindereform unter Montgelas werden die Hauptmannschaften im heutigen Gemeindegebiet Raubling aufgelöst.

1870 wurde die Landwehr in Bayern abgeschafft. Ihre Verbände wurden in die Bayerische Armee überführt. In der Folgezeit lösten sich die meisten Gebirgsschützenkompanien auf.

20. Jahrhundert

1949 Erstes Treffen der historischen Gebirgsschützenkompanien nach Ende des Zweiten Weltkriegs.

1951 Gründung des Bundes der Bayerischen Gebirgsschützen-Kompanien in Reichersbeuern.

1975 Proklamation „Alpenregion der Schützen“ durch den Bund der Bayerischen Gebirgsschützenkompanien, den Bund der Tiroler Schützenkompanien und den Südtiroler Schützenbund  in Innsbruck.

1995 Der ehemalige Landtagsabgeordnete und Heimatforscher Konrad Breitrainer sowie andere beteiligte befassten sich intensiv mit der Geschichte der hiesigen Hauptmannschaften. Verschiedene Urkunden und stichhaltige Beweise wurden gesichtet und der Prüfkommission unter Prof. Dr. Pater Leo Weber† vorgelegt. Nach eingehender Prüfung stand einer Wiedergründung der Gebirgsschützenkompanie Raubling nichts mehr im Weg.

21. Jahrhundert – Wiedergründung

2003 Am 07.10.2003 findet die erste öffentliche Interessenten-Versammlung zur Wiedergründung der Kompanie statt. Vom Protokollführer Markus Gumberger wurde vermerkt: „Besondere Vorleistungen bis zur Gründungsversammlung erbrachten Konrad Breitrainer, Jakob Steidl, Pfarrer Lorenz Poschenrieder, Werner Krämer, Sebastian Moser und Georg Antretter.”

2004 Nach weiteren Gesprächen mit Gauhauptmann Anton Greimel und Bundeshauptmann Karl Steininger sowie Prüfungen durch Prof. Dr. Pater Leo Weber vom Kloster Benediktbeuern wurden im April 2004 die Anzahl und Echtheit der Urkunden sowie die Voraussetzungen für die Wiedergründung als ausreichend anerkannt.

17. Juni 2004 Einberufung der Wiedergründungsversammlung der Gebirgsschützenkompanie „Oberer Wasen“ Raubling e.V. beim Huberwirt in Raubling. Hier wurde eine Hauptmannschaft und ein Kompanie­ausschuß gewählt. Dabei wurde auch eine Satzung und eine Kompanieordnung vorgestellt, besprochen und von den Anwesen­den verabschiedet. Die erste gewählte Hauptmannschaft bestand aus: Se­bastian Moser (Hauptmann), Georg Antretter (Oberleutnant und Haupt­mann­-Stellvertreter), Wilhelm Schmidt (Leutnant, Kompanie­adjudant und Salutzugführer), Markus Gumberger (Leutnant und Kompanieschreiber) sowie Alfred Riegler (Leutnant und Zahlmeister). Zum Fähnrich wurde Klaus Ringelmann ernannt, der dieses Amt als 1. Fähnrich bis heute inne­ hat. Als Kompaniepfarrer stellte sich Geistlicher Rat Lorenz Poschenrieder zur Verfügung. Werner Krämer wird aufgrund seiner Verdienste um die Wiedergründung der Kompanie zum Ehrenoffizier ernannt.

2006 Vom 31. Mai bis 04. Juni 2006 findet das Wiedergründungsfest der Raublinger Gebirgsschützen statt. Standes­gemäß wurde mit einem großen Fest mit Zeltbetrieb gefeiert. Vom Festwirt Man­fred Kirner und der Flötzinger Brauerei erfuhr der Verein großzügige Un­terstützung. Besonders stolz ist die Gebirgsschützenkompanie „Oberer Wasen” Raubling auf ihre Schützenscheiben zur Wiedergründung, gestiftet vom dama­ligen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber, sowie unserer Patenkompanie, der Gebirgschützenkompanie Flintsbach.

Schützenscheibe zur Wiedergründung, gestiftet vom dama­ligen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber
Schützenscheibe zur Wiedergründung, gestiftet vom der Patenkompanie, den Gebirgsschützen Flintsbach

2007 Wiederherstellung des Kompanie-Feldkreuzes „Am Kapellenweg” in Raubling. Hier hält die Kompanie jedes Jahr ihre traditionelle Maiandacht ab.

2008 Ehrensalut für den Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Günter Beckstein. Teilnahme an der Fahrt nach Rom – Anagni – Assisi mit Prieserweihe und Primiz von Magnus Forster aus Raubling.

2009 Seit 2009 veranstaltet die GSK Raubling 2x im Jahr einen Flohmarkt und nimmt am Weihnachtsmarkt der Gemeinde Raubling teil.

2010 Erstes Bayrisch-Tyroler Freundschaftsschießen der GSK Raubling, welches seit diesem Zeitpunkt traditionell jedes Jahr mit Teilnahme von Nachbarkompanien aus Bayern und Tirol veranstaltet wird.

2014 feiert die GSK Raubling 10-jährige Wiedergründung (Pressebericht)

2016 Ernennung unseres ehem. Oberleutnants Franz-Xaver Kronast zum Ehrenoberleutnant der Kompanie aufgrund seiner Verdienste um das Wohlergehen der Kompanie.

2017 Ehrensalut für den Bayerischen Staatsminister der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat und später im Jahr zum Ministerpräsidenten von Bayern gewählten, Dr. Markus Söder, in Großholzhausen.

2018 Ehrensalut für unseren Kompaniepfarrer und unserem Kompaniemitglied Geistlicher Rat Lorenz Poschenrieder in Beuerberg.

2019 Am 02. Februar 2019 feiert die GSK Raubling ihr 15-jähriges Wiedergründungsfest mit vielen Gästen (Pressebericht). Am 18.10.2019 verstirbt der amtierende Oberleutnant und 1. Schützenmeister Werner Schuller nach schwerer Krankheit. Sein Nachfolger wird Robert Oschwald

2021 Am 20. August 2021 wurde unser Gründungsmitglied und langjähriger Kompaniepfarrer Geistl. Rat i.R. Lorenz Poschenrieder aufgrund seiner hohen Verdienste für die Kompanie zum Ehren-Kompaniepfarrer ernannt. Ihm wurde ausserdem als erstem Mitglied der Kompanie die Kompaniemedaille in Gold verliehen.

2022 Am 01. April 2022 tritt Hauptmann Wilhelm Schmidt nach 3 Jahren als Leutnant und 15 Jahren als Hauptmann nicht mehr zur Wahl an. Zum neuen Hauptmann wird Robert Oschwald gewählt. Wilhelm Schmidt wird zum Ehren-Hauptmann ernannt, und ihm die Kompaniemedaille in Gold überreicht.

2024 Die Kompanie richtet das 37. Bataillonsfest des Bataillons Inn-Chiemgau mit 20-jähriger Wiedergründungsfeier aus. Es nehmen über 50 Kompanien und Ortsvereine teil. Ehrenkompanie ist deren Patenkompanie, die GSK Flintsbach, welche der GSK Raubling eine alte Raublinger Fahne aus der Zeit um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert schenkt.